Donnerstag, 4. August 2011

Freitod eines Weggefährten


Wenn man als Blogschreiber die Alpen überquert, dann hat man vorher schon unzählige Motive im Kopf, die man fotographisch festhalten will, um damit den Reisebericht im Online-Tagebuch zu füttern: Wanderschuhe auf Bergwiese, nackte Füße mit Alpenblumen zwischen den Zehen, murmelnde Murmeltiere, versteckt blühendes Edelweiß und natürlich die höchsten Gipfel, damit man damit prahlen kann, wo man sich so alles im den Astralkörper herunter strömenden Schweiße hochgekeucht hat.

Blöd ist dann, wenn kurz vor Reiseende der prall gefüllte (extra für die Reise angeschaffte) Fotoapparillo an einem der zugegebenermaßen schönsten Fleckchen der Erde den Freitod wählt und es dabei unterlässt, sich im freien Fall noch umzudrehen und der geschockten Wandersfrau mit einem letzen Aufblitzen die mit zahlreichen Erinnerungen bestückte Speicherkarte zuzuwerfen.

Ja, das ist blöd.

All die wunderbaren Bilder gibt es daher nur in meinem Kopf (und eben irgendwo auf der zwischen den Gipfeln der Bellunesischen Dolomiten liegenden Speicherkarte im Fotoapparillo) und sobald es ein Gerät gibt, mit dem man Gedankenschmalz in digitale Dateien formatieren kann, liefere ich hier alles nach.

Bis dahin erzähle ich euch einfach, dass ich gesehen habe, wie in der dichtesten Nebelsuppe eine Steinbockfamilie einen Grat erklomm und sich stolz das Geweih des Ältesten erhob, wobei man - weil es eben neblig war - nur wage Umrisse erkennen konnte.

Nunja, ansonsten war das Bergwetter mäßig. Manch einer findet 15 cm Neuschnee im Juli vielleicht supi, ich finde es gelinde gesagt nicht so gut. Überhaupt sind wir von 20 Tagen mindestens 10 in den Wolken gelaufen, was sich dadurch bemerkbar macht, dass man keine 20 Meter weit gucken kann (also auch das im Reiseführer beschriebene herzzerreißende Panorama nicht sieht) und ständig nasse Haare hat, weil es zwar nicht regnet, aber eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Ich habe aber nochmal einiges gegoogelt und gesehen, dass es da, wo wir waren, wirklich ganz schön war.

Nundenn, steht hier also ein langer Text ohne Bilder. Ich habe allerdings schon einige Wanderbekanntschaften angeschrieben und warte auf atemberaubendes Material, das ich dan nachreichen kann. Wie gesagt: Die von mir ex-ante ersonnenen Motive werden natürlich nicht darunter sein.

Gleich werd ich allerdings sehen, ob die Fotos der in Venedig besorgten Einwegkamera mit dem Namen "Fun-Saver" was geworden sind. Vielleicht kann ich die abfotografieren und hier mal was aus der Stadt zeigen, in der es keine Fahrräder, dafür aber Bestattungsboote gibt. Klappt natürlich nur, wenn wir genug "Fun" hatten, der auch "gesavt" werden konnte.

Ansonsten guck ich mir einfach die 2,20-Euro-Edelweiß-Briefmarke der Post an, die auf dem Brief auf meinem Tisch klebt und stelle mir vor, ich hätte es geschossen.

-Klick!-

1 Kommentar:

  1. Oh, dein Posttitel hat mich etwas geschockt, wer hätte gedacht, dass er sich auf deine Kamera bezieht? Puuuuh, bin ich jetzt erleichtert, dass es "nur" dein Fotoapparat war. Ok, ok, nicht schlagen, ich weiß, wie schlimm es ist SO einen Weggefährten zu verlieren, meiner blieb einfach im Flugzeug sitzen,in Anbetracht auf die vielen Aufgaben, die da im Urlaub auf ihn zukommen werden. Naja,gut, dass er den Hinflug gewählt hat, so wurde er am Zielort einfach ersetzt ;-)

    LG
    SelMama

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